Allgemeines
Das Ezidentum hat einen ethno-religiösen Charakter und gehört mit einer etwa 15000 Jahren alten Geschichte zu den ältesten Religionen der Welt. Wir Eziden waren abwechselnd durch die Osmanen, Jung-Türken, Arabern und Kurden religiösen und politischen Fanatismus ausgesetzt. Der letzte Völkermord an den Eziden wurde am 03.08.2014 durch den sogenannten islamischen Staat verübt.
Heute beträgt die Zahl ihrer Anhänger etwa 1,5 Millionen Menschen.
Ihre traditionellen Siedlungsgebiete sind der Irak, die Türkei und Syrien. Mit 230.000 Eziden bildet Deutschland die größte Gemeinschaft außerhalb der traditionellen Gebiete. Eziden glaube an einem Gott und stellen damit eine monotheistische Religion dar. Die ezidische Religion ist keine Offenbarungsreligion und kennt somit keinen Propheten. Weiterhin hat das Ezidentum keinen missionarischen Charakter. Als Ezide kann man nur geboren werden, wenn beide Elternteile Eziden sind.
Auch kennt das Ezidentum kein heiliges Buch und ist somit eine orale Religion, die durch Qewls (sakrale Texte) mündlich tradierte wird.
Neben Gott kennen und ehren die Eziden sieben Engel. Einer von ihnen ist Tawisî Melek, der Gottes Engel, der als Oberhaupt der Engel agiert und als Symbol für die Gottesloyalitiät gilt. Symbolisch wir Tawisî Melek mit einem Pfau dargestellt. Ihm ist der Wochentag Mittwoch zugeordnet und stellt für die Eziden den Ruhetag dar.
Die ezidische Gesellschaft untergliedert sich in Mirid (Laien), die Şêxs (Würdenträger), die religiöse und poltische Aufgaben übernehmen und in Pîrs (Würdenträger),
die ebenfalls religiöse Aufgaben übernehmen. Diese Untergliederung ist nicht gleichzustellen mit dem Kastensystem in Indien, da innerhalb der ezidischen Gesellschaft keine hierarchische Ordnung besteht.
Die Ezidische Ethik.
Die folgenden Zitate stammen aus ezidischen Qewls (sakralen Texten). Qewls sind heilige Texte, die religiöse und philosophische Inhalte enthalten.
"Ein Ezidi kann ein guter Mensch sein, aber um ein guter Mensch zu sein, muss man nicht Ezidi sein." Hier wird deutlich, dass man als Ezide nicht privilegiert ist und automatisch ein guter Mensch ist. Ein guter Mensch zu sein ist eine Tugend, die jeder erreichen kann. Das Ezidentum bringt in vielen Qewls zum Ausdruck, dass das Ezidentum per se nicht allein die göttliche Wahrheit ist, sondern jede Religion ein Teil der Wahrheit ist. Eziden betrachten sich deshalb auch nicht als ein auserwähltes Volk, weil sie Eziden sind. Auch lässt sich dadurch begründen, warum Eziden nicht missionieren - eben weil, "Jede Religion ein Teil der Wahrheit ist." Als Ezide solltest du zudem immer auch ein Auge auf andere Menschen haben und ihnen Hilfe zukommen lassen. Wir sollen nicht intolerant sein und für uns alles beanspruchen.
Das geht aus unserem Morgengebet (Dua Sibe) hervor "Gott, schütze zuerst die 72 (alle) Völker und dann uns." Beten Eziden richten ihre Gebete immer in Richtung Sonne, da die Sonne im Ezidentum als Zeichen Xwedê (Gottes) gilt.
Das Beten ist im Ezidentum zwar Pflicht, aber kein Zwang. Mindestens das Şada Dînî [Glaubensbekenntnis] sollte allerdings jeder Ezide können. Ein Ezide ist auch nicht daran gebunden festgelegt Gebete zu rezitieren, sondern kann frei nach empfinden dafür beten, wofür er will.
Den Inhalt seines Gebet entscheidet somit jeder Ezide selbst. Auch gibt es keine Gebetshäuser, da die ganze Welt durch Gott erschaffen wurde und somit jeder Ort,
jede Stelle und jedes (religiöse) Gebäude heilig ist. Als zentrales Heiligtum gilt allerdings Laliş, welches im Nordirak ist. Jeder Ezide sollte einmal in seinem Leben Laliş besucht haben.
Tawusgerran
Eines der bedeutendsten religiösen Jahresfeste in den Dörfern war Tawusgerran, die „Zirkulation des Pfauen“. An diesem Tag kamen Mitglieder der gesonderten Kaste Qawwal in ein Dorf und trugen sakrale Hymnen vor. Die Qawwal stammten aus den beiden nordirakischen Kleinstädten Baschiqa und Bahzani. Sie brachten ein Bildnis (eine metallene Pfauenfigur) von Melek Taus mit und stellten es auf, damit es von der Dorfbevölkerung verehrt werden konnte. Die Rezitation der Verse wurde begleitet vom Spiel der als heilig geltenden Längsflöte Schebab und der Rahmentrommel Duff. Grenzziehungen und politische Probleme haben im Verlauf des 20. Jahrhunderts dafür gesorgt, dass das mit langen Reisen der Qawwal verbundene Tawusgerran in der Heimatregion der Jesiden praktisch nicht mehr durchgeführt werden kann.
Feste
Die ezidische Tradition beinhaltet viele Feste und Feierlichkeiten. Zu den wichtigsten Festen gehört das Îda Êzîd (Das Fest zu Ehren Gottes) und das Çarşema Serê Nisanê (Das ezidische Neujahrsfest). Dem Îda Êzîd gehen drei Fastentage, von Dienstag bis Donnerstag, voraus. An diesen Tagen essen und trinken die Eziden von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang nichts.
Das Çarşema Sere Nisanê wird immer am ersten Mittwoch im April zelebriert. Laut der ezidischen Mythologie vollendet Gott die Erde an einem Mittwoch.
Auch besuchte der Erzengel Tawisî Melek am Mittwoch das erste Mal die Erde und tut es seit dem jeden Mittwoch wieder.
Das sogenannte „kirasguhertin“ ist ein zentraler Begriff der êzîdîschen Mythologie über den Werdegang des Körper und der Seele nach dem Ableben eines Menschen. Der Begriff setzt sich aus den Wörtern „kiras“ für Kleid und „guhertin“ für Wechsel zusammen und beschreibt den Übergang der Seele in das Unendliche, während der Körper zu seinem Ursprung, der Erde, zurückkehrt und stirbt. Der Oberbegriff innerhalb der êzîdîschen Lehre ist die Vorstellung vom Dahir und Batin.
Leib-Seele-Theorie
Der französische Philosoph René Descartes prägte die Leib-Seele-Theorie, die, mit wenigen Abstrichen, mit der Vorstellung der êzîdîschen Lehre übereinstimmt. Demnach stehen Körper als materielles Sein und Seele als immaterielles Sein in Wechselwirkung zueinander. Diese Dualität wird bereits im Schöpfungsmythos der Êzîden dahingehend beschrieben, als dass der Körper aus den materiellen – und somit vergänglichen – Elementen der Erde geschaffen wurde, während die Seele aus dem sogenannten „havêna sunetê“, der Hefe der Erkenntnis oder auch Saatgut der Engel genannt, erschaffen wurde. Die Wechselwirkung zwischen den körperlichen und den geistigen Trieben findet nach êzîdîscher Vorstellung im Verstand, also im Gehirn, statt. Dort trifft ein Mensch dann auch seine Entscheidungen, für die er selbst verantwortlich ist.
Die unsterbliche Seele
Die Seele ist anders als der Körper unsterblich. Folglich endet die Existenz der Seele nicht mit dem Tod eines Menschen. Nach êzîdîscher Religionslehre findet ein „Kleiderwechsel“ (kirasguthertin) statt, indem die Seele sich vom Körper trennt und in das immaterielle Dasein (Batin) übergeht. Es kann dann zu einer Seelenwanderung kommen, indem die Seele in einem anderen Körper wiedergeboren wird, was jedoch nicht der Regelfall ist.
Vielmehr wird nur jene Seele wiedergeboren, die sich während ihres Daseins auf der Erde nicht mit schlechten Taten befleckt hat. Das sind nach êzîdîscher Vorstellung vor allem die Seelen frommer Menschen, die sich dem Materiellen entsagt haben.
Der Kleiderwechsel
Entsprechend kann es daher zu einer Reinkarnation kommen. Die als rein geltende Seele wird in dem Körper eines frommen Menschen wiedergeboren. So wird etwa Sheikh Adi, der bedeutendste Heilige der Êzîden, als die Reinkarnation des Tawisî Meleks bezeichnet.
Tradition und Bedeutung des Bisk
Bisk, bedeutet, Haarsträhne, od. „Locke
Die „Bisk“ wird nur bei männlichen Êzîdî praktiziert. In der Regel wird die Bisk im ersten Lebensjahr vollzogen. Die Monatszahl zu der die Bisk durchgeführt wird, muss ungerade sein. Meistens findet diese im 7., 9. oder 11. Lebensmonat statt. Bei der Bisk wird dem Jungen von seinem zuständigen Şêx (Şêxê biskê)an drei verschiedenen Stellen „Haarsträhnen“, daher der Name Bisk, abgeschnitten. Währenddessen spricht er das êzîdîsche Gebet zum Anlass der Bisk, den Qewlê bisk. Solange die Bisk nicht vollzogen ist, ist es untersagt, die Haare des Kindes selbst zu schneiden. Die Haarsträhnen bewahrt der Şêx bei sich auf. Sollte der zuständige Şêx verhindert sein, so kann auch der Pîr der Familie die Bisk übernehmen. Die Bisk ist zum einen die Taufe, die die Zugehörigkeit zur êzîdîschen Religion bekräftigt, zum anderen ein Segen zum gesunden Wachstum des Jungen und gleichzeitig bezeugt es, welcher Şêx in Zukunft für den Jungen und seine Familie zuständig ist. Die Bisk ist für jeden männlichen Êzîdî Pflicht. Frauen sind davon ausgenommen, weil es als ein Tabu gilt, dass die Haare einer Frau geschnitten werden, was bei der Bisk der Fall ist. Ebenso ändert sich auch die Zugehörigkeit des Şêxs, sobald das Mädchen heiratet und Teil der Familie des Mannes wird. Die Mädchen werden stattdessen mit dem Wasser der heiligen Quelle „Kanîya sipî“ geweiht. Ebenfalls aus demselben Grund und mit derselben Bedeutung.
Besonderheit
Die Bisk ist dann überflüssig, wenn das Kind mit dem „Siegel zur êzîdîschen Zugehörigkeit“ gesegnet wird. Dies nennt man „mor kirin“ „Mor“ für „Siegel“ (siehe Hauptartikel „mor kirin“)
Heiliges Licht – Çira
Çira bedeutet „Licht“.
Allgemeines
Das Çira wird jeden Mittwoch- und Freitagabend im Heiligtum an bestimmten Stellen entzündet. Nicht zu verwechseln ist das Çira mit dem „Qenter“ (dt. „Kette“), die an den restlichen Tagen vor allem an den Hängen im Laliş Tal entzündet werden. Nur am Mittwoch- und Freitagabend wird das Çira entzündet.
Die Baumwolle und das Öl, aus denen das Çira hergestellt wird, werden im Heiligtum Laliş gewonnen.
Bedeutung
Das Çira, also das Feuer, symbolisiert die Sonne. Die Sonne ist den Êzîdî heilig, denn für sie ist die Sonne der sichtbare Beweis für die Existenz Gottes. Das Feuer ist rein und soll die Heiligkeit der Sonne in den Vordergrund stellen. Das Feuer spielte schon zu Zeiten der alten Völker und Mythologien Mesopotamiens eine bedeutende Rolle, insbesondere bei den indoarischen Völkern.
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